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Oh du Fröhliche
Der Nörgler
Leseprobe: Oh du Fröhliche:
Oh du Fröhliche
Es kam morgens um acht mit einem
Fahrradkurier: Ein gewöhnlich aussehendes buntes Schächtelchen, wie es in jedem
Feinkostgeschäft zu erwerben ist. „Wir wünschen eine schöne Weihnachtszeit“
stand in verschnörkelten Buchstaben darauf. Doch der Inhalt sollte sich als
etwas Besonderes erweisen.
Als Frau Agathe Riemenschneider das
Päckchen im Empfang nahm, sagte der Fahrradkurier mit einem gefälligen Lächeln:
„Es ist von Ihrer Nichte.“ Frau Agathes ohnehin säuerliches Gesicht verzog
sich, die tiefen Falten auf ihrer Stirn glichen einem Spinnennetz. „Danke“,
knirschte sie mit zugepressten Lippen. Sofort nahm sie das Päckchen an sich und
machte die Tür zu. Die ausgestreckte Hand des Fahrradkuriers hatte sie
absichtlich übersehen. Trinkgeld gab es bei ihr nicht.
Es war bald Weihnachten, jedoch
daran war Agathe Riemenschneider nicht schuldig. Sie wohnte hier in ihrer
kleinen Einzimmerwohnung und hielt das Geld zusammen, das ihre Nichte Christa
sinnlos ausgeben wollte.
„Tante Agathe ist alt, geizig und
unfreundlich“, pflegte Christa zu sagen. Jeder der Agathe kannte wusste, dass sie
im Geld schwamm. Christa sollte ihr Vermögen erben. Sie war die einzige
verbliebene Verwandte, seit ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen
waren.
Christa war siebzehn, lebenslustig,
hatte kein Geld und keine Arbeit. Als sie die Tante fragte ob sie einen klitzekleinen
Teil von ihrem Erbe bekommen könne, hatte die knorrige Alte abgelehnt. „Später
wirst du froh sein, dass ich dir das Geld nicht gegeben habe“, argumentierte
sie.
Tante Agathe hatte keine Ahnung von Christas Lebensstil. Die monatliche Zuwendung die sie bekam, reichte vorne und hinten nicht. Es gab so viele schöne Dinge zu kaufen. Und verreisen wollte Christa auch. .Es musste demzufolge etwas geschehen. Kurt, Christas Freund, der den größten Teil seines kurzen Lebens vor dem Fernsehapparat verbracht hatte, war auch dieser Ansicht. Seine große Leidenschaft waren Kriminalfilme. Folglich schien es ihm gut zu sein, so zu handeln, wie er es jeden Tag im Fernsehen sah. „Wir machen es wie im Film, wir schicken Tante Agathe Pralinen und impfen eine davon mit Arsen. Damit schaffen wir diese senile Alte aus der Welt, und dein Vermögen gehört uns, “ sagte er. „Du bist ein Genie“, entgegnete Christa und umarmte ihn. Kurt war am Erbe seiner Freundin interessiert. Und er liebte Christa von Herzen. Leseprobe: Der Nörgler:
Der Beamte Joachim Feddersen führte ein wohlgeordnetes
Leben. Er stand jeden Morgen um dieselbe Zeit auf, und kam immer zur selben
Zeit im Büro an. Er aß um dieselbe Zeit zu Mittag, kam pünktlich um fünf Uhr
aus dem Büro, und ging abends um dreiundzwanzig Uhr ins Bett. Eine
Unterbrechung seines gewohnten Tagesablaufes konnte er sich nicht vorstellen.
Er war verschwiegen und verschlossen wie eine Auster, hatte ein altes frostiges
Gesicht und einen steifen Gang. Feddersen hatte keine Freunde und keine
Familie.
An einem Abend im Dezember verließ er sein Büro pünktlich wie
immer um 17 Uhr 30. Ein stürmischer
Ostwind trieb dicke graue Wolkenwände über den Himmel. Es begann zu schneien. Ein
dicker Schneeteppich breitete sich auf den Straßen aus. Der trübe Dezembertag
wich einer nebligen Nacht.
Nachdem er, wie immer drei Minuten an der Haltestelle
gewartet hatte, stieg Feddersen in den Bus der Linie 60, der ihn nach Hause
bringen sollte.
Wie es seine Gewohnheit war, wollte er beim einsteigen ein
paar Worte mit dem Busfahrer wechseln.
Später konnte er nicht mit Gewissheit sagen, ob damit alles
angefangen hatte. Denn an jedem anderen Arbeitstag fuhr Willi Nickmann, sein
Nachbar, diesen Bus. Doch heute saß ein alter Mann mit langem weißen Bart und
einem von Falten zerfurchten Gesicht am Steuer. Er beachtete Feddersen nicht.
Er schien sich ganz auf den Straßenverkehr zu konzentrieren.
Feddersen machte seinen Mund zu und schluckte heftig.
Unsicher geworden sah er sich im Bus um. Dann erstarrte er.
Sein Platz war besetzt! Seit acht Jahren fuhr er mit diesem Bus, saß jeden Tag auf diesem
Platz…Und nun saß ein alter Mann mit langem weißen Bart und einem zerfurchten
Gesicht da. Er hatte einen grauen
verwaschenen Anorak an und las in einer Zeitung.
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